Autor

Populäre Sachbücher, Philosophie und Wissenschaft "für jedermann"

Mittwoch, 14. August 2019

Planwirtschaft durch Big Data


Die NZZ fragt: „Macht uns der Computer zu Kommunisten?“ 



Die Klassiker der liberalen Ökonomie brachten gegen die Planwirtschaft vor allem einen steuerungstheoretischen Einwand vor: Der Planer verfügt nie über bessere Echtzeitinformationen als der Markt. Der Staat weiss nicht, wie viele Fahrzeuge, Toaster und Türgriffe produziert werden müssen, damit der gegenwärtige Bedarf gedeckt ist. Man müsste Millionen von Gleichungen lösen, um ein makroökonomisches Gleichgewicht zu erhalten. Eine zentrale Planungsbehörde könne nie das gesamte Wissen über die Gesellschaft aggregieren, geschweige denn die Nachfrage nach bestimmten Gütern berechnen. Doch durch die Fortschritte der Informationstechnologie könnte dieses Wissensproblem gelöst werden.“

Alibaba-Chef Jack Ma ist von der Idee beseelt, dass man mit Big-Data-Analysen die Planungsfehler der Vergangenheit korrigieren und eine Planwirtschaft 2.0 ins Werk setzen könne: «Im Zeitalter der Daten ist es so, als hätten wir ein Röntgengerät und eine Computertomografie-Maschine für die Weltwirtschaft.» Alibaba könnte mit den Daten seiner 500 Millionen Kunden den Prozess der Preisbildung simulieren. Wer interessiert sich für welches Produkt? Wer plant die Anschaffung einer Waschmaschine? In welcher Region steigt die Nachfrage nach Autos? Mit mathematischen Modellen könnte man die Angebots- und Nachfragemenge analog zum Markt am Computer berechnen und eine Art künstlichen Preisbildungsmechanismus entwickeln.“

Lesen Sie den Artikel des Politikwissenschafters und Journalisten Adrian Lobe hier.

Donnerstag, 8. August 2019

Ja, aber ...


Markus Lanz fragt eine Klimaschutzaktivistin, wie denn der Individualverkehr der Pendler auf dem Lande ohne Verbrennungsmotoren bewältigt werden soll. Dunja Hayali konfrontiert Robert Habeck mit drei von Klimaschutzmaßnahmen Betroffenen. Eine ist Vorsitzende der Gewerkschaft in einer Braunkohlenförderung. Sie verweist darauf, dass in der Nachbarschaft in Polen ein neues Kohlekraftwerk entstehe, während in der Lausitz die Braunkohleverstromung aus Grünen-Sicht lieber schneller als geplant beendet werden solle. Der zweite ist Landwirt und sein Schweinemastbetrieb arbeitet nur unter erheblichem CO2-Ausstoß profitabel. Der Dritte ist der Chef des Flughafens Hannover und argumentiert gegen eine Kerosinsteuer - dann würden Flugzeuge halt im Ausland betankt. Allen Klimaschützern (was immer das ist) werden immer Kosten, Arbeitsplätze, individuelle Freiheit und Verzicht vorgehalten.


Die Titanic sinkt. Der Kapitän schickt die Passagiere in die Boote. "Ja, aber dann wird doch mein Kleid nass." "Ja, aber mein Nachbar geht ja auch nicht." "Ja, aber Sie können mir doch nichts vorschreiben!" "Ja, aber ich habe doch für die ganze Reise bezahlt!"

Wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder uns mehr verfluchen als wir unsere Eltern, die das Dritte Reich ermöglichten, dann müssen wir handeln. Das heißt verzichten, zahlen, zurückstecken, ertragen ... aufhören, so zu leben, wie wir es tun. 

Nachtrag: die jährlichen Ressourcen der Erde waren am 29. Juli aufgebraucht (Earth Overshoot Day)

Dazu schreibt die SZ: "Ein bisschen Verzicht reicht nicht" „Es steht nicht gut um die Erde“, steht dort, denn „weltweit stehen Böden, Wälder und Feuchtgebiete vor allem durch die Nahrungsmittelpro-duktion unter enormem Druck. In vielen Regionen droht Wassermangel, es besteht akute Waldbrandgefahr, einst fruchtbare Weiden verwandeln sich in Wüsten, der Permafrost schmilzt und Ernten sind auch nicht mehr sicher. Das macht Angst. Und es macht wütend: auf die Menschen, die es so weit haben kommen lassen, sich selbst eingeschlossen, und auf die, die noch immer "Ja, aber ..." sagen, wenn es um Klimaschutz geht.“

Mittwoch, 7. August 2019

KI = "künstliches Bewusstsein"?


Die NZZ bringt ein Interview mit dem britischen Schriftsteller Ian McEwan, der in „Maschinen wieich“ einen Androiden mit Bewusstsein beschrieben hat. Überflüssig zu sagen, dass das auch in „Digital. Wie Computer denken“ umfassend behandelt wird. 


Zwei Zitate:

„Bei öffentlichen Auftritten fragen mich Leute: «Weshalb interessieren Sie sich für Naturwissenschaften?» Die Frage erscheint mir ebenso dumm wie die Frage: «Weshalb interessieren Sie sich für Literatur?» Oder: «Weshalb interessieren Sie sich überhaupt für irgendetwas?»“

„Abgesehen von den grossen Problemen wie Klimawandel und der Möglichkeit eines Nuklearkriegs liegt die grösste Herausforderung meiner Meinung nach jedoch in der Frage: Was geschieht, wenn wir Maschinen herstellen, die intelligenter als wir selbst und die dem Menschen zudem in moralischer Hinsicht überlegen sind? Und was geschieht, wenn diese Maschinen an der nächsten Generation ihrer Konstruktion mitarbeiten und die ganze Sache über unseren Verstand hinauszuwachsen beginnt? Wir werden uns Gewissheit darüber verschaffen müssen, wo wir aufhören und sie beginnen. Aber diese Fragen bleiben vollkommen offen, weil die Vielzahl der Möglichkeiten in mathematischer Hinsicht kolossal ist und unsere Technologien und die Auswirkungen, die sie auf unser Leben haben, eine Komplexität erreicht haben, die Vorhersagen völlig unmöglich macht.“

Und schließlich:
"Wir müssen uns im Klaren darüber sein, wie weit wir die Kontrolle über unser Leben bewahren wollen. Über die Art und Weise, wie wir das Leben für uns selbst beschreiben und welche Rolle die Literatur dabei spielt. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Existenz von der gewaltigen Revolution, die wir durchleben, nicht mehr getrennt werden kann. Die künstliche Intelligenz ist nur ein Aspekt des gesamten digitalen Augenblicks. Wir hätten uns niemals vorstellen können, welchen Einfluss das Internet auf unsere Politik haben würde. Dass es einen amerikanischen Präsidenten ins Amt heben würde. Wir befinden uns also in einem freien Fall, den wir zum Teil unserer eigenen Cleverness verdanken. Unserer technischen Cleverness, die so viele mögliche Zukünfte erzeugt, dass wir darüber keine Vermutungen mehr anstellen können."