In meinem neuen Buch wird das mit den Karikaturen am Kapitelanfang sehr deutlich dargestellt:
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Populäre Sachbücher, Philosophie und Wissenschaft "für jedermann"
Montag, 23. Dezember 2013
Atomphysik und Kosmologie
Die "Mikrowelt" und die "Makrowelt" unterscheiden sich nicht nur deutlich von unserer "Mittelwelt", in der wir leben --- sie sind auch noch komplementär.
In meinem neuen Buch wird das mit den Karikaturen am Kapitelanfang sehr deutlich dargestellt:
In meinem neuen Buch wird das mit den Karikaturen am Kapitelanfang sehr deutlich dargestellt:
Sonntag, 22. Dezember 2013
Samstag, 21. Dezember 2013
Verwaistes BLOG? [:(]... Mitnichten!! [ :)]
Ja,
hier ist lange nichts passiert. Tut mir leid. Ein "zu früh verstorbener" Laptop einerseits, ein neues Buchprojekt andererseits sind die Gründe.
Demnächst mehr...
hier ist lange nichts passiert. Tut mir leid. Ein "zu früh verstorbener" Laptop einerseits, ein neues Buchprojekt andererseits sind die Gründe.
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Dienstag, 20. August 2013
DQ & SP Detailkritik (8)
Lesen Sie heute – wieder nach einer etwas längeren Pause („Sommerloch“) –, was Jens Jürgen Korff zum siebten Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!
Der Inhalt in Kurzfassung:
Zum 7. Kapitel: Wahrheit und Erkenntnis
157: Don Quijote
könnte eigentlich auch mal ein Gedankenexperiment anregen.
Vorsicht bei Archimedes! Don Quijote hat ihn selber schon erwähnt, in einer Stelle, wo es um den festen Punkt ging, von dem aus man die Erde aus den Angeln heben kann. Etwas unglaubwürdig, dass ein Philosoph nicht weiß, wer Archimedes war.
Vorsicht bei Archimedes! Don Quijote hat ihn selber schon erwähnt, in einer Stelle, wo es um den festen Punkt ging, von dem aus man die Erde aus den Angeln heben kann. Etwas unglaubwürdig, dass ein Philosoph nicht weiß, wer Archimedes war.
158: Don stellt
sich immer wieder unwahrscheinlich dumm an. Es gibt sicher Leute, die so
dümmlich argumentieren. Aber das sind in der Regel keine Philosophen.
159: Sanchos
Prinzip, Theorien dadurch zu verifizieren, dass man funktionierende Technik findet, die auf der jeweiligen Theorie
basiert, erscheint mir einerseits ziemlich pfiffig; andererseits aber nicht
unproblematisch. Es dürfte auch funktionierende Techniken geben, die auf
falschen Theorien aufgebaut wurde. Zum Beispiel Kalender und Navigationsgeräte,
die auf dem ptolemäischen Weltbild aufgebaut waren und funktionierten. Auf
jeden Fall gibt es das im sozialen Bereich, bei Herrschaftstechniken. Die
Theorie des Gottesgnadentums von Herrschern hat als Herrschaftstechnik
jahrhundertelang sehr gut funktioniert.
162: Dons
Ausführungen über verschiedene Wirklichkeitstheorien
verdienten es, weiter ausdiskutiert zu werden. Sanchos Einwand über ein
unverständliches Zitat der radikalen Konstruktivisten erscheint mir
undurchsichtig. Naja, vielleicht sollte ich schweigen.
163: Die Computermetapher mit den Pixeln erscheint
mir hier eher irreführend. Einmal mehr wird das Medium mit der Botschaft
verwechselt. Wir nehmen keine Bildpunkte war, sondern komplette Bilder. Und
unser Gehirn bildet bestimmt keine Kategorien, ehe es Begriffe gebildet hat.
Der Prozess dürfte umgekehrt verlaufen: Wir bilden zuerst Begriffe und teilen
sie erst dann in Kategorien ein. Der Erkenntnisfortschritt verläuft vom
Einzelnen zum Gesamten, vom Konkreten zum Abstrakten. Sobald wir gelernt haben,
dass wir mit Bäumen irgendetwas zu tun haben – sei es, dass sich uns nützlich,
sei es, dass sie uns gefährlich sein können, sei es, dass sie uns einfach
erfreuen – bilden wir einen Begriff Baum,
damit wir uns über unsere Erfahrungen austauschen können. Dieser Begriff wird
wahrscheinlich zunächst von einer Durchschnittsform oder einer besonders
häufigen Form geprägt. Dass Sonderformen wie zum Beispiel besonders hohe,
spitze Bäume ebenfalls Bäume sind, erkennt man erst später.
Ich weiß nicht, warum Don Quijote immer auf den elektrischen und chemischen Signalen
herumreitet. Der Baum existiert als Lebewesen außerhalb von uns, und der
existiert als Bild in unserem Gehirn. Dass er unterwegs zwischen Auge und
Gehirn kurzzeitig die Form von elektrischen Signalen hatte, spielt dabei
überhaupt keine Rolle. So wenig wie die Technik der Papierherstellung den
Inhalt des Buches und mein Verständnis dieses Inhalts beeinflusst.
164: Hier darf
ich Sancho Pansa einmal mit seiner eigenen Frage von Seite 158 traktieren: Was
weißt du denn von Paul Feyerabend
und seinem Buch »Anything Goes – Wider den Methodenzwang«? Doch wohl grade mal
das Schlagwort, das du brauchst, um dein Dogma über die postmoderne
Beliebigkeit zu bestätigen.
Don zitiert einen interessanten Gedanken von Meister
Eckhart: Auch emotionale Zustände
gehören zur Wirklichkeit, weil sie eine Wirkung haben. Was folgt daraus? Das
bleibt leider undiskutiert, weil Sancho sofort wieder seiner Idiosynkrasie
frönen darf, sobald ein Unbefugter das Wort Quantenphysik in den Mund nimmt.
(Ähnlich reagieren übrigens Nietzsche-Verehrer, wenn ich oder andere Unbefugte
das Wort »Sklavenmoral« in den Mund nehmen.)
167 oben: Die
Frage, ob wir die Wirklichkeit nur in unserem Kopf erschaffen, oder ob sie
draußen existiert, ist nun wirklich eine Frage, die primär Don Quijote
beantworten sollte.
169: Beim Thema Schwarmintelligenz und Massenwahn
scheint mir einiges durcheinander zu gehen. Die historische Erfahrung zeigt in
der Tat, dass Widerstandskämpfe gegen Diktaturen nur dann Erfolg versprechend
sind, wenn sie sich auf Meinungen stützen, die zumindest insgeheim relativ weit
verbreitet sind. Der Massenwahn in Diktaturen hat mit demokratischen
Abstimmungen überhaupt nichts zu tun. Es ist eher genau das Gegenteil davon –
schließlich sind Diktaturen das Gegenteil von Demokratie. Es schimmert hier ein
prinzipielles Misstrauen gegen die Demokratie durch, das der Philosoph mit dem
Physiker zu teilen scheint. Die Konsenstheorie der Wahrheit nach Habermas setzt
den offenen und freien Diskurs voraus, ist also mit diktatorischen
Verhältnissen überhaupt nicht vereinbar. Es ist insofern tatsächlich keine
Sache der demokratischen Abstimmung, weil ein Konsens erst dann vorliegt, wenn
eine Meinung nach offener und kontroverser Debatte von einer sehr großen
Mehrheit der Menschen geteilt wird.
171: Sancho doziert:
»Wer seine Gewissheiten für wahr hält, ist intolerant. Dogmatismus… ist die Gewissheit, besser zu wissen als alle anderen,
was richtig und was falsch ist.« Und was ist jetzt mit dem Archimedes-Prinzip,
das dafür sorgt, das Schiffe schwimmen; dem Bernoulli-Effekt, der dafür sorgt,
dass Flugzeuge fliegen usw. – lauter Gewissheiten, die Sancho auf Seite 158
aufgeführt hat und offensichtlich für wahr hält? Ist er also intolerant? Nein,
sondern das bedeutet: So kann der Satz nicht stehen bleiben. Auch die
Dogmatismus-Definition erscheint mir zweifelhaft. Ein Dogma ist eine Meinung,
die nicht der Kritik ausgesetzt wird; die sich dem offenen Meinungsstreit
entzieht. Eine Gewissheit dagegen ist eine Meinung, die sich bereits in
zahlreichen Debatten bewährt hat. In diesem Sinne kann ein Dogma gar keine
Gewissheit sein. Eine Wahrheit wäre schließlich nach der Konsenstheorie (die in
ähnlicher Form ja schon von Aristoteles vertreten wurde) eine Gewissheit, die
von einer sehr großen Mehrheit derjenigen, die sich mit der Frage diskursiv
beschäftigt haben, geteilt wird.
172: Insofern
stimme ich Don Quijote und Sokrates zu: »Meine Gewissheit ist ein Indiz für die
Wahrheit, aber kein Beweis.«
174: Wenn wir
Informationen in eine Stoffwechsel-Metapher
einbauen, dann entspricht das durch Verwertung von Informationen entstandene
Wissen nicht den Exkrementen, sondern zum Beispiel den Muskelbewegungen; denn
das ist, was der Körper aus der Verwertung von Nährstoffen zieht.
Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
Oktober 2012
Oktober 2012
Freitag, 26. Juli 2013
Meditation ist Philosophie
Wenn man (= ich) sich mit Philosophie beschäftigt (z. B. in "Philosophie und Wissenschaft" oder "Denken..."), dann stößt man im Rahmen der Kognitionswissenschaft unweigerlich auf das Thema "Meditation". Das hat mit Bewusstsein zu tun, mit der Frage: "Wie ist es, wie fühlt es sich an, ich zu sein? Wie erfahre ich »die Welt da draußen« in mir?"
Das Streben nach Erkenntnis, aber nicht durch Reflexion und Denken, sondern durch Innenschau und Selbsterfahrung. Als Skeptiker fernab von "Jahrtausende alten fernöstlichen Weisheiten" fasziniert mich das Buch von Ulrich Ott mit dem Titel "Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst".
Ist die von "allen erfahrenen Meditierenden" berichtete Wirkung (z.B. "Einssein" mit Allem) nicht eine Art "selbsterfüllende Prophezeiung", da ihnen ja genau diese Wirkung im Rahmen ihrer Ausbildung vorausgesagt wurde? Gibt es Leute, die in die Meditation ohne jede Zielvorstellung eingeführt wurden ("beobachte doch mal deinen Atem und schaue, was passiert")?
Hier seine Antwort:
Einige positive Wirkungen der Meditation werden sicherlich durch
Wunschdenken und Autosuggestion gefördert (Placebo-Effekt). Bei den
Erfahrungen von Einheit spielen diese Mechanismen aber wahrscheinlich
keine große Rolle - ganz im Gegenteil scheinen alle Erwartungen und
Zielvorstellungen eher zu verhindern, dass solche Erfahrungen eintreten,
weil es ja gerade darum geht, das Ich mit seinen Erwartungen
vorübergehend zu suspendieren. Daher treten diese Erfahrungen eher dann
auf, wenn der Betreffende nicht damit rechnet bzw. die Hoffnung
aufgegeben hat.
Im Bereich Entspannung und Stressbewältigung wird Meditation in der
Regel ohne Hinweis auf mystische Erfahrungen vermittelt. Es wäre
interessant zu wissen, ob und ggf. wie oft diese dann eventuell dennoch
eintreten. Die Übungsdauer ist dort allerdings kurz, und daher werden
vermutlich nur Personen mit einer entsprechenden Neigung zur Versenkung
(Absorptionsfähigkeit) solche Erfahrungen machen.
Vor allem die Befunde zur Wirkung von psychedelischen Substanzen weisen
darauf hin, dass hier ein neurobiologischer Mechanismus ausgelöst wird,
der die Aufspaltung in Ich und Umwelt aufhebt. Bei den Kontrollpersonen
mit Placebo treten solche Erfahrungen nicht in dieser Intensität auf,
wobei sich sehr suggestible und hysterisch veranlagte Personen eventuell
vielleicht auch so in ihre Wunschvorstellung hineinsteigern könnten,
dass sie sich einbilden, mystische Erfahrungen gemacht zu haben. Solange
wir keine neurologische Signatur genuiner mystischer Erfahrungen
bestimmt haben, bleibt die Unterscheidung sehr schwierig, was echt und
was Einbildung ist.
Dass es sich immer um "selbsterfüllende Prophezeiungen" handelt, halte
ich vor diesem Hintergrund für unwahrscheinlich. Wirklich "naive
Probanden", die noch nie etwas von mystischen Erfahrungen gehört haben,
wird es bei den erfahrenen Meditierenden kaum geben. Und alleine durch
etwas Atemachtsamkeit werden solche Erfahrungen wohl nur in seltenen
Fällen ausgelöst werden können.
© Illustration: Joanna Hegemann
|
Das Streben nach Erkenntnis, aber nicht durch Reflexion und Denken, sondern durch Innenschau und Selbsterfahrung. Als Skeptiker fernab von "Jahrtausende alten fernöstlichen Weisheiten" fasziniert mich das Buch von Ulrich Ott mit dem Titel "Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst".
Die Frage
Auf seiner Website stellte ich ihm folgende Frage:Ist die von "allen erfahrenen Meditierenden" berichtete Wirkung (z.B. "Einssein" mit Allem) nicht eine Art "selbsterfüllende Prophezeiung", da ihnen ja genau diese Wirkung im Rahmen ihrer Ausbildung vorausgesagt wurde? Gibt es Leute, die in die Meditation ohne jede Zielvorstellung eingeführt wurden ("beobachte doch mal deinen Atem und schaue, was passiert")?
Hier seine Antwort:
Einige positive Wirkungen der Meditation werden sicherlich durch
Wunschdenken und Autosuggestion gefördert (Placebo-Effekt). Bei den
Erfahrungen von Einheit spielen diese Mechanismen aber wahrscheinlich
keine große Rolle - ganz im Gegenteil scheinen alle Erwartungen und
Zielvorstellungen eher zu verhindern, dass solche Erfahrungen eintreten,
weil es ja gerade darum geht, das Ich mit seinen Erwartungen
vorübergehend zu suspendieren. Daher treten diese Erfahrungen eher dann
auf, wenn der Betreffende nicht damit rechnet bzw. die Hoffnung
aufgegeben hat.
Im Bereich Entspannung und Stressbewältigung wird Meditation in der
Regel ohne Hinweis auf mystische Erfahrungen vermittelt. Es wäre
interessant zu wissen, ob und ggf. wie oft diese dann eventuell dennoch
eintreten. Die Übungsdauer ist dort allerdings kurz, und daher werden
vermutlich nur Personen mit einer entsprechenden Neigung zur Versenkung
(Absorptionsfähigkeit) solche Erfahrungen machen.
Vor allem die Befunde zur Wirkung von psychedelischen Substanzen weisen
darauf hin, dass hier ein neurobiologischer Mechanismus ausgelöst wird,
der die Aufspaltung in Ich und Umwelt aufhebt. Bei den Kontrollpersonen
mit Placebo treten solche Erfahrungen nicht in dieser Intensität auf,
wobei sich sehr suggestible und hysterisch veranlagte Personen eventuell
vielleicht auch so in ihre Wunschvorstellung hineinsteigern könnten,
dass sie sich einbilden, mystische Erfahrungen gemacht zu haben. Solange
wir keine neurologische Signatur genuiner mystischer Erfahrungen
bestimmt haben, bleibt die Unterscheidung sehr schwierig, was echt und
was Einbildung ist.
Dass es sich immer um "selbsterfüllende Prophezeiungen" handelt, halte
ich vor diesem Hintergrund für unwahrscheinlich. Wirklich "naive
Probanden", die noch nie etwas von mystischen Erfahrungen gehört haben,
wird es bei den erfahrenen Meditierenden kaum geben. Und alleine durch
etwas Atemachtsamkeit werden solche Erfahrungen wohl nur in seltenen
Fällen ausgelöst werden können.
Nachtrag:
Wer Freude an Querverlinkungen hat, findet Frage und Antwort hier.Montag, 22. Juli 2013
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Sonntag, 23. Juni 2013
DQ & SP Detailkritik (7)
Lesen Sie heute – nach einer etwas längeren Pause –, was Jens Jürgen Korff zum sechsten Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!
Der Inhalt in Kurzfassung:
Zum 6. Kapitel: Die Grundsatzfrage: der Streit zwischen Philosophie und Wissenschaft
132: Blöd nur,
dass Don als einzige Begründung für seinen Unmut die Berufung auf traditionelle
Herrenvorrechte der Philosophie
einfällt. Sein Satz gegen Sancho, »Dir mangelt es an Bescheidenheit«, trifft
den Nagel auf den Kopf. In der Tat ist das größte Problem der Naturwissenschaft
ihr Hang zum Größenwahn. Zugleich ist dies auch das größte Problem der
Philosophie. Geistes- und Sozialwissenschaftler treten dagegen in der Regel
bescheiden auf. Was einer der Gründe dafür sein könnte, dass ihre Existenz
zuweilen geleugnet wird…
133: »Alles ist
Energie« – ein sinnentleerter Satz, sagt Sancho, von Leuten, die den Begriff
nicht einmal definieren können – der aber, sage ich, dennoch in eine
interessante Denkrichtung weist!
Sancho quengelt: Wir
lassen uns nicht länger als »seelenlose
Wissenschaft« in den Dreck ziehen. Schön, wenn er mal seine
Subjektivität zeigt! Ich gebe ihm recht. Viele Wissenschaftler arbeiten mit
ihrer ganzen Seele und geben ihr Herzblut für ihre Tätigkeit. Wissenschaftler
sind Menschen – und als solche haben sie leider auch die Atombombe erfunden, Nervengase, die rassistische Schädelvermessung
und die Eugenik. Sancho behauptet: »In keinem wissenschaftlichen Dokument wird Hass gepredigt und den Feinden die
Vernichtung angedroht.« Da kenne ich Gegenbeispiele: die rassistischen Thesen
von Georg Meinders, den Sozialdarwinismus, die Thesen von Cyril Burt und Hans
Jürgen Eysenck über angeborene Dummheit, die Forschungen Josef Mengeles über
die physische Belastbarkeit von »Untermenschen«. Im Übrigen ist natürlich
polemisch, wenn Sancho im Folgenden Philosophie mit Religion gleichsetzt. Auch
Philosophie neigt im Allgemeinen nicht dazu, den Hass predigen. (Religion in
der Regel auch nicht.)
Haben Philosophen schon mal etwas für die Weiterentwicklung
der Menschheit gestiftet? Ja,
Bertrand Russell 1963. Dass es insgesamt weniger Philosophen als
Naturwissenschaftler sind, könnte damit zusammenhängen, dass es viel weniger
Philosophen gibt als Naturwissenschaftler, und dass diese mit höherer Wahrscheinlichkeit
reich werden.
Sancho fragt nach Belegen für Dons Behauptung, dass
Wissenschaftler den Anspruch verkündeten, nur sie könnten Aussagen über die
Wirklichkeit machen. Diese Belege kann ich beibringen: Sancho Pansa auf Seite
59 oben. Sancho Pansa zitiert Wittgenstein auf Seite 76: »Die Gesamtheit der
wahren Sätze ist die gesamte Naturwissenschaft.« Sancho Pansa auf Seite 98:
»Versuche, den Kern zu erfassen…«
134: Menuett, Jazz
und Blues - sehr schöne Beispiele von Don Quijote! Wenn Sancho doch mal
darauf hören würde! Stattdessen versucht er tatsächlich, sich da noch
herauszureden (Seite 135). Viel mehr Menschen verstehen die Wahrheit »Krieg«
aus einer Betrachtung des Bildes »Guernica« als die Wahrheit über Energie aus
einer Betrachtung der Formel E = mc². Aber das sind dann wohl wieder die
falschen Menschen, Unbefugte ohne naturwissenschaftliche Bildung. An dieser
Stelle (und in seinen diversen Ausfällen gegen die Demokratie) fällt Sancho
Pansa seiner Selbstinszenierung als Arbeiter und aktiver Bürger selbst in den
Rücken.
136: Magritte hat
mit seinem Bild gesagt: Dies ist keine Pfeife, sondern ein Bild (das eine
Pfeife darstellt). Ob das Bild eine objektive Wirklichkeit darstellt – dazu äußert er
sich m. W. nicht. Wir sollen als Betrachter begreifen, dass die Pfeife durch
die Augen, den Kopf und die Hand des Künstlers hindurchgegangen ist, bevor sie
auf der Leinwand erschien. Eschers unmögliche Wasserfälle zeigen zum Beispiel
die Wirklichkeit der Idee eines Perpetuum mobile, die im Sinne Meister Eckharts
als actualitas (Seite 164) präsent
war.
Haben Philosophen die Menschen schon einmal vor der Verzerrung der Werte gewarnt? Aber natürlich!
Ich nenne als Beispiele Martin Buber, Rosa Luxemburg und Wladimir Lenin, die
vor der Verzerrung der Werte im Ersten Weltkrieg gewarnt haben; Theodor Adorno,
Max Horkheimer, Ernst Bloch und Walter Benjamin, die vor der Verzerrung der
Werte im Zweiten Weltkrieg gewarnt haben; Günther Anders und Bertrand Russell,
die vor der Verzerrung der Werte im Atomkriegszeitalter und im Vietnamkrieg
gewarnt haben. Viele dieser Interventionen
–die von Naturwissenschaftlern, die von Philosophen und anderen – haben
sehr wohl etwas genutzt. Ein Atomkrieg zum Beispiel wurde verhindert.
Sanchos Rechtfertigung der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki ist eine Geschichtsklitterung. Es ist erwiesen, dass Japan auch ohne die Atombomben kurz vor der Kapitulation stand. Die Bomben dienten der amerikanischen Regierung vor allem als Machtdemonstration gegenüber der Sowjetunion.
Sanchos Rechtfertigung der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki ist eine Geschichtsklitterung. Es ist erwiesen, dass Japan auch ohne die Atombomben kurz vor der Kapitulation stand. Die Bomben dienten der amerikanischen Regierung vor allem als Machtdemonstration gegenüber der Sowjetunion.
137: Don Quijotes
Hinweis auf die Humanmediziner in den
Nazi-Konzentrationslagern verdiente es, ernsthaft diskutiert zu werden. Wir
blicken dort nämlich in den Abgrund des Subjekt-Objekt-Grabens, von dem
Hans-Peter Dürr spricht: Nur wer sich selbst als Subjekt aus dem Zusammenhang
des Lebendigen und der Menschheit komplett hinausdefiniert, ist zu solchen
Verbrechen fähig wie Mengele – sagt Dürr, und ich stimme ihm zu. Leider macht
Don Quijote in der Debatte den Fehler, danach auch noch die Kettensäge zu
erwähnen, und gibt so Sancho Pansa den Ausweg frei, der sich mit einem
typischen Spießerschmarren aus der Bredouille rettet.
Guter Hinweis Don Quijotes auf die von kapitalistischen
Interessen gesteuerten Wissenschaftler. Ja, manche Wissenschaftler haben sich
im Interesse der Menschheit aufgeopfert. Philosophen aber auch: Sokrates trank
den Schierlingsbecher. Miguel de Unamuno trat den spanischen Faschisten im
Bürgerkrieg mutig entgegen und fand für ihre Parole »Viva la muerte!« den
passenden Begriff »nekrophil«. Erich Fromm griff den Begriff später wieder auf.[1]
138: Sanchos
Ausfall gegen die monotheistischen Religionen
und speziell gegen die katholische Kirche ist natürlich extrem einseitig und
fanatisch. Ihre angeblich inhumanen Dogmen, zum Beispiel die zehn Gebote,
spiegeln zum großen Teil ethische Erkenntnisse wider, auf die Menschen in
sämtlichen Kulturen und Religionen gekommen sind. Dass man seine Mitmenschen
nicht töten oder nicht bestehlen darf, darauf kommen auch vernunftgeleitete
Humanisten. Und was die Frauenverachtung
in Christentum, Islam und Judentum betrifft: Daran haben sich jahrhundertelang leider
auch die meisten Wissenschaftler orientiert. So haben sie zum Beispiel »bewiesen«,
dass Frauen mit ihrer Emotionalität und Sexualität für die »Manneszucht« und
damit für die Übernahme von Verantwortung in der Gesellschaft ungeeignet seien,
oder sie haben »bewiesen«, dass Frauen nicht kreativ sein könnten, weil sie überhaupt
keine Sexualität besäßen. Je nach den aktuellen ideologischen Erfordernissen
der gerade herrschenden Männer.
139: Eine
interessante Auseinandersetzung zwischen SP und DQ um die Frage, wo sich geistige Entitäten befinden. Auch
Dinge, die nur als Begriffe oder Bilder in den Köpfen von Menschen existieren,
existieren – weil sie das Denken und Handeln von Menschen beeinflussen und zum
Beispiel Gestalt in Form von Kunstwerken oder Literatur annehmen. Offenbar ein
weiterer Irrtum Wittgensteins, wenn er wirklich die Existenz solcher Dinge
bestritten haben sollte.
140: Ach ja, Señor
Pansa kann das Gerede von der Bombe
nicht mehr hören. Er könnte es leicht abstellen, indem er einmal, ein einziges
Mal, diesen schrecklichen Irrweg der Physiker bedauerte. Doch er bleibt
unbelehrbar. Der faschistische Physiker Wernher von Braun pflegte alle Fragen
nach dem Zweck der von ihm erfundenen Raketen mit dem Satz zu beantworten: »That
is not my department. Dafür bin ich nicht zuständig.« Joseph Weizenbaum
erlaubte sich deshalb die Frechheit, den Titel von Brauns Autobiografie »I
Aimed For the Stars (Ich zielte nach den Sternen)« so fortzusetzen: »but
sometimes I hit London (aber zuweilen traf ich London)«.
Dann Sancho wieder: »Wir kümmern uns nur um das, was ist.« Ein weiterer Beleg für
Don Quijotes These auf Seite 133. Die Naturwissenschaftler erklären sich für
all- und alleinzuständig für die gesamte Wirklichkeit – indem sie einfach
alles, was ihnen nicht passt und über das nichts sagen können, aus der »harten
Wirklichkeit« hinausdefinieren. Siehe oben Wernher von Braun. Geistes- und
Sozialwissenschaftlern würde solcher Unfug niemals einfallen.
141: Dieser
Wittgenstein ist mit seiner bornierten Fixierung auf die Naturwissenschaftler
ein echtes Schätzchen.
142: Dass die
Behauptungen der Philosophen jeder glaubt, ist natürlich barer Unsinn. Das
Problem der meisten Philosophen besteht ja gerade darin, dass ihre Thesen –
anders als die Thesen von Genetikern oder Hirnforschern – so gut wie niemand
glaubt.
143: Hier
verbreitet zur Abwechslung Don Quijote einen Irrtum über Geistes- und
Kulturwissenschaften. Nein, es trifft nicht zu, dass die Naturwissenschaften Daten und Fakten liefern, die Geisteswissenschaften dagegen Sinn, Bedeutung
usw. Beide Wissenschaftsgattungen liefern Daten und Fakten, und beide
Wissenschaftsgattungen liefern auch Sinn, Deutung und Bedeutung. Es ist ein
Datum und Faktum, dass deutsche Soldaten am 1. September 1939 Polen überfallen
haben, und es ist eine Deutung, dass die Menschen keinen freien Willen hätten,
weil ihnen ihre Willensentscheidung immer erst eine halbe Sekunde später
bewusst werde.
Sancho fragt keck (mit Einschränkung): Was ist dagegen ein Mozart? So will ich denn versuchen, diese Frage
zu beantworten. Anders als die Werke Keplers, Galileis, Brunos, Darwins und
Freuds werden die Werke Mozarts jeden Tag von Millionen von Menschen auf der
ganzen Welt genossen. Die Menschen widmen den Werken Mozarts also viel mehr
Aufmerksamkeit als den Werken der anderen genannten Genies. Was macht das mit
den Menschen, was bewirkt das? Es vergrößert die Lebensfreude dieser Menschen
und erfüllt damit einen Maßstab, den Sancho weiter oben selber aufgeführt und
für die Wissenschaft in Anspruch genommen hatte. Es lässt Leute gesund werden.
Es lässt Leute friedfertig werden. Es bringt die Menschen verschiedener Völker
miteinander in Verbindung, genau wie die Wissenschaft oder der Sport. Es hilft
den Menschen, sich in einer rasenden und ständig verändernden Umwelt zu
entspannen und Ruhe zu bewahren. Es hilft ihnen, nicht verrückt zu werden. Hier
nähern wir uns einem generellen Denkfehler Sanchos und vieler
Naturwissenschaftler: Sie glauben offenbar, dass nur die Veränderung eines Zustands eine Wirkung darstelle. Deshalb
halten sie Künste wie die Musik oder die Literatur für wirkungslos. Es stellt
aber eine Wirkung dar, wenn Menschen in Zuständen, die sie eigentlich krank
machen müssten, gesund bleiben. Mozart hat mit seiner Musik vielleicht einige
der wirkungsmächtigsten Rückkopplungen für die menschliche Gesellschaft
geschaffen.
Auf der anderen Seite der Gleichung möchte ich übrigens
glatt bezweifeln, dass die Tatsache, dass sich die Erde um die Sonne dreht, den
Alltag der Menschen wesentlich beeinflusst. Die Tages- und Jahreszeiten ließen
sich auch mit dem alten Weltbild erklären. Ähnliches gilt für die Frage, ob es
das Higgs-Boson gibt oder nicht. Was Hawking u.a. großmundig als „Theory of
Everything“ verkaufen, kann ich persönlich lesen oder es sein lassen; das wird
meinen Alltag nicht verändern. Bei Darwin und Freud sieht die Sache anders aus;
deren Ergebnisse spielen heute eine größere Rolle in der alltäglichen
Gesellschaft.
Gut beobachtet von beiden, auf welche Widerstände stößt, wer
philosophische oder wissenschaftliche Erkenntnisses allgemeinverständlich publizieren möchte. Offenbar leiden beide
Disziplinen unter dem gleichen Hochmut, der gleichen Arroganz gegenüber dem
angeblich dummen Publikum. In den Gesprächen hier allerdings blieb dieser Part
vor allem Sancho vorbehalten.
145: Da kommt schon
der nächste Beleg: Beamte und Politiker
sind unfähig, meint Sancho. Ich selber habe schon viele Beamte und Politiker
persönlich kennen gelernt, und kein einziger davon war unfähig. Es scheint sich
hier also um ein dummes Vorurteil, ein klassisches Dogma zu handeln.
147f: Auch die
ganze Geschichte mit den Kränkungen der
Menschheit erscheint mir als Dogma. Warum sollte es eine Kränkung sein,
dass die Erde um die Sonne kreist? Dass die Menschen von Affen abstammen und
dass sie in ihrem Handeln nicht immer von der klaren Vernunft geleitet sind?
Mich persönlich hat noch keines dieser Erkenntnisse gekränkt. Ich empfinde
diese Vielfalt und Komplexität eher als Bereicherung. Wie geht es Ihnen denn
damit persönlich, Herr Beetz?
148: Es ist schon
erstaunlich, Sancho über die Hybris der
Menschen reden zu hören, aber niemals über die Hybris der
Naturwissenschaftler und vor allem der Techniker und Technokraten. Er erkennt
zwar in seinen lichten Momenten an, dass die Naturwissenschaft nicht alles
erkennen und nicht alles im Griff haben kann, verweigert sich aber konsequent
gegenüber der historischen Erkenntnis, dass viele seiner Kollegen das
jahrzehntelang ganz anders gesehen – und in ihrer Verblendung viel Unheil
angerichtet haben.
149: Don Quijote
zitiert Gerhard Vollmer. Dieser vorauseilende Gehorsam von Philosophen
gegenüber Neurobiologen ist höchst
ärgerlich und eine der größten Schwächen der aktuellen Philosophie, der leider
auch mein Freund Precht erlegen ist.
Sancho: »Wir machen nur unseren Job, und der hat mit Sinn,
Wert oder Würde nichts zu tun.« Da
spricht er wieder: Wernher von Braun, wie er leibte und lebte. Die Menschenwürde
– zu der es übrigens interessante aktuelle Philosophendebatten gibt[2]
– haut er gleich ganz weg, weil sie so schwer zu definieren sei. Als ob die
Zeit, die Gravitation oder das Licht leichter zu definieren wären (siehe Seite
151)!
Hier also meine Definition der Menschenwürde: Indem wir allen Menschen eine Würde zusprechen,
würdigen wir die Fähigkeit eines jeden Menschen, seinen Mitmenschen Gutes zu
tun. Weil er diese Fähigkeit hat, ist es falsch, einen Menschen zu töten oder
so zu quälen, dass er nichts Gutes mehr tun kann. Geht doch! Zwei Sätze
reichen.
»Wissenschaft eröffnet den Blick auf neue Schönheiten, auf
die Wunder des Lebens…« Schön gesagt von Sancho!
152: Gut gesehen
von Don: In den Begriffen »Weltformel« und »Theorie von allem« steckt eben doch
die Hybris der Physiker.
Gute Frage von Don Quijote, ob anständige Wissenschaftler
bestimmte gefährliche Fragen einfach nicht erforschen sollten. Zum Beispiel
künstliche Viren oder Bakterien, gegen die es keinen Schutz mehr gibt, oder
intelligente und bewaffnete Roboter, die die Weltherrschaft erringen könnten.
Genau das ist das größte Zukunftsproblem der Naturwissenschaft und Technik –
und es ist hausgemacht! Es ist nirgendwo anders entstanden als im Bereich der
Naturwissenschaft und der Technik, im Department Braun.
153: Die Guillotine allerdings hatte tatsächlich
zwei Seiten und wäre insofern ein gutes Beispiel für Wernher von Brauns
Verteidigungsplädoyer. Ihr Erfinder, der Arzt Guillotin, hielt sich nicht für
zuständig für die Frage, ob Menschen hingerichtet werden müssen oder nicht. Ihm
ging es einzig und allein darum, die Hinrichtung technisch so zu optimieren,
dass die Delinquenten keine Zeit mehr hatten, während ihrer Tötung zu leiden
und zu schreien.
Wissenschaftliche
Erkenntnisse spielen bei Philosophen kaum eine Rolle, meint Sancho. Eine
ziemlich gewagte Behauptung! In Prechts Buch »Wer bin ich, und wenn ja, wie
viele?« wimmelt es zum Beispiel von neurobiologischen und psychologischen
Erkenntnissen. Precht bezieht fast alle philosophischen Fragen, die er dort
diskutiert, auf solche Erkenntnisse. Und auch er lässt leider geistes- und
sozialwissenschaftliche Erkenntnisse als Quellen philosophischer Fragen
weitgehend aus.
Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
September 2012
September 2012
Freitag, 5. April 2013
Lesungen "1+1=10: Mathematik für Höhlenmenschen"
Der Autor Jürgen Beetz liest aus seinem Buch „1+1=10:Mathematik für Höhlenmenschen“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Erlebnis
Wissenschaft“ in zwei Filialen der Verlagsgruppe „Lehmanns media“ die
amüsantesten und garantiert formelfreien Geschichten vor.
Mehr als die einfache Logik eines Frühmenschen braucht man
nicht, um die Grundzüge der Mathematik zu verstehen. Deswegen kann der Autor
bei seinem Unternehmen, die Mathematik „begreiflich“ zu machen, in die
Steinzeit zurückgehen – genauer gesagt: etwa in die Jungsteinzeit, 10.000 Jahre
vor unserer Zeitrechnung.
Gemeinsam mit dem Denker und Mathematiker Eddi Einstein, dem
Geometer und Erfinder Rudi Radlos, dem Druiden und Seher Siggi Spökenkieker und
der Weisen Frau und Hexe Wilhemine Wicca treffen wir viele einfache, fast
gefühlsmäßig zu erfassende mathematische Prinzipien des täglichen Lebens an.
Termine:
- Montag, 29. April 2013 20.30 Uhr: 30159 Hannover, Georgstraße 10
- Samstag, 4. Mai 2013 16.00 Uhr: 10623 Berlin, Hardenbergstraße 5 (am „Wissenschaftlichen Erlebnistag für Jung und Alt“)
Sonntag, 31. März 2013
DQ & SP Detailkritik (6)
Lesen Sie heute, was Jens Jürgen Korff zum fünften Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!
Der Inhalt in Kurzfassung:
JJK's Kommentare:
Zum 5. Kapitel: Die seltsamen Schleifen des Seins
116: Die
seltsamen Schleifen im modernen politischen Leben: Die Rolle der Medien geht dabei weit über die eines
Vermittlers hinaus. Die Medien verfolgen eigene Interessen – und sei es nur das
Interesse, mit dramatisierten Meldungen den eigenen Absatz anzukurbeln. Die
Journalisten haben diese Rolle, die sie im Auftrag ihrer Verleger spielen,
vollkommen verinnerlicht. Und so beeinflussen die Medien Politiker und Bürger
gleichermaßen in ihrem Sinne.
117: Der
Vergleich mit dem Möbiusband gefällt
mir sehr gut! Allerdings hätte eigentlich DQ darauf kommen müssen, schließlich
ist er in dem Gespann für Kunst zuständig. Schon alleine, weil Künstler eine
ähnlich brotlose Existenz fristen wie Philosophen. Das ist auch ein schönes
Beispiel dafür, wie „nutzlose“ und „wirkungslose“ Kunst den Erkenntnisfortschritt
der Menschheit voranbringen kann.
Auch schön: die Anweisung der Eltern und das Spiel von
Depressionen und fehlendem Sinn im Leben.
Die Frage, ob das Ei
oder die Henne zuerst da war, ist meines Wissens geklärt, seit wir von der Evolution
der Arten wissen: Da sich die Vögel aus den Reptilien entwickelt haben, muss
das erste Vogelei von einem Reptil gelegt worden seien. Es war also eindeutig
das Ei, jedenfalls das Vogelei, zuerst da. Die entscheidende Mutation zum Vogel
fand während der Bildung des Eies statt.
118: Sanchos Satz
»Je reicher wir werden, desto ärmer
werden wir« und das weiter unten erwähnte Barbier-Paradoxon haben, wie mir
scheint, etwas Wichtiges gemeinsam: Es sind beides Sprachspiele. Die Paradoxa
kommen erst durch den fragwürdigen Sprachgebrauch in den Sätzen zu Stande. Im
Satz über Reichtum und Armut ist das Wort »Wir« irreführend. In
Ausbeutungsgesellschaften ist es zum Beispiel ganz normal und folgerichtig,
dass die Reichen immer reicher und die Armen zugleich immer ärmer werden, eben
durch die Ausbeutung. Das gilt aber letztlich auch, etwas abgeschwächt, für
Gesellschaften wie unsere, in denen die Reichen viel schneller reicher werden
als die Armen wohlhabender. Paradox wird es erst, wenn man Reiche und Arme zu
einem falschen Wir-Kollektiv zusammenfasst.
Nun will ich Kurt Gödel ja nicht zu nahe treten, aber in
seinem Barbier-Paradox scheint mir
ein ähnliches Sprachprobleme vorzuliegen. In der Praxis rasiert der Barbier
sich selbst und alle diejenigen, die sich nicht selbst rasieren. In dieser Form
dürfte das System weder widersprüchlich noch unvollständig sein.
119: Komplexe
Themen weisen Selbstorganisation und Komplexität auf, die mit linearen
Wirkungsketten nicht zu erklären sind. Den Satz werde ich mir hoffentlich
merken.
Im Folgenden beginnt ein merkwürdiger Rollentausch, der auf Seite 121 auch Sancho auffällt: Don Quijote
übernimmt die Rolle eines wild gewordenen Wissenschaftlers, der sich einbildet,
alle Ereignisse berechnen zu können. Das ist doch gerade der Irrtum vieler
Wissenschaftler gewesen, oder zumindest doch vieler Wissenschaftsgläubiger. Was
hat diese Vorstellung im Kopf eines skeptischen Philosophen zu suchen?
120: SP ahnt die
Komplexität des Menschen und sagt ganz nebenbei, unser Immunsystem sei noch weitgehend unerforscht. Hoppla, das wirft doch
allerlei Fragen auf! Könnte es sein, dass das der Grund dafür ist, dass die
Wirkung homöopathischer Arzneimittel auf unser Immunsystem bis heute noch nicht
wissenschaftlich nachgewiesen ist? Um sie nachweisen zu können, müsste man halt
etwas mehr von unserem Immunsystem verstehen.
Wie kommt es, dass ausgerechnet das Immunsystem, also etwas, das wirklich über Leben und Tod entscheidet, so schlecht erforscht ist? Könnte das damit zusammenhängen, dass die Mediziner jahrzehntelang versucht haben, das Immunsystem durch Arzneimittel zu ersetzen? Und dass sie das Eigenleben des Immunsystems dabei eher gestört hat?
Ist das nicht ein weiterer Fall von Wissenschaftlern, die, fixiert auf einfache Ursache-Wirkungs-Ketten, die sie am liebsten wie Werkzeuge bedienen möchten, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen? Abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen der Pharma-Unternehmen, die dahinter stecken mögen. Wer mit der Heilung von Krankheiten Geld verdient, kann kein Interesse daran haben, dass die Menschen von alleine gesund werden.
Wie kommt es, dass ausgerechnet das Immunsystem, also etwas, das wirklich über Leben und Tod entscheidet, so schlecht erforscht ist? Könnte das damit zusammenhängen, dass die Mediziner jahrzehntelang versucht haben, das Immunsystem durch Arzneimittel zu ersetzen? Und dass sie das Eigenleben des Immunsystems dabei eher gestört hat?
Ist das nicht ein weiterer Fall von Wissenschaftlern, die, fixiert auf einfache Ursache-Wirkungs-Ketten, die sie am liebsten wie Werkzeuge bedienen möchten, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen? Abgesehen von den wirtschaftlichen Interessen der Pharma-Unternehmen, die dahinter stecken mögen. Wer mit der Heilung von Krankheiten Geld verdient, kann kein Interesse daran haben, dass die Menschen von alleine gesund werden.
»Das zentrale Problem der Komplexität ist nicht die schiere
Menge der Systemkomponenten, sondern sind die verdeckten Rückkopplungen, die
verborgenen Strukturen und Beziehungen.« Gut gesagt!
122: SP fragt
ganz zu recht: Warum gibt es keine Evolutionsphilosophie?
Er mahnt zu recht den Beitrag der Philosophie zur Komplexitätsforschung an. DQ
antwortet leider nicht. Hier wäre ja zu untersuchen, inwiefern die Philosophie
der Plurale (die so genannte postmoderne Philosophie: Foucault, Derrida,
Lyotard, Barthes u.a., aber auch Luhmann)
genau das ist. Leider ist sie ähnlich schwer verständlich wie die
Quantenphysik.
125: Ach, da
kommt er ja: Niklas Luhmann. SP verscheucht ihn aber gleich wieder, indem er
ihn und seine Themen dem »Uferlosen« zurechnet.
DQ stellt am Ende dieses Dialogs fest: »Kausalität und
Komplexität - Ursache und Wirkung bedingen sich nicht zwangsläufig.« Hier sagt
er (was er Autor sicher weiß) das Gegenteil von dem, was er auf Seite 114
gesagt hat, dort als Fazit zum Kapitel Ursache und Wirkung. DQ könnte doch
durchaus die Weiterentwicklung seines eigenen Standpunktes selbst zur Kenntnis
nehmen. Einmal mehr ist er hier dümmer, als die Polizei erlaubt.
129: Jaja, die Kausalkettenneurose, die unser Denken
beherrscht und unsere Interpretation der Wirklichkeit häufig verzerrt. Sie
beherrscht aber auch das Denken vieler Wissenschaftler!
130: »Wir leihen
Staaten Geld, damit sie Waffen bei
uns kaufen können, damit wir Geld zum Verleihen bekommen.« Hier stiftet
wiederum der falsche Gebrauch des Wortes »Wir« Verwirrung. Der Sinn wird
schnell verständlich, wenn man es ersetzt: Deutsche Banken leihen anderen
Staaten Geld, damit sie Waffen bei deutschen Rüstungskonzernen kaufen können,
damit diese ihre Profite bei deutschen Banken abliefern können. Wo ist das
Verständnisproblem?
Don Quichotes Interpretation »Ich denke, also werde ich« könnte geistreicher und weiser sein,
als dem Autor bewusst ist. Dass Sancho Pansa sich am Ende dieses Artikels
wiederum zum Lehrer aufschwingt und seinen Herrn Don Quijote zum Schüler
degradiert, stellt eine fragwürdige Wendung des Gespräches dar. Immerhin passt
es als Überleitung zum großen Streit, der im nächsten Kapitel ausbricht. Don
Quichote hat endlich gemerkt, dass in den Gesprächen etwas permanent schief
läuft.
Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
September 2012
September 2012
Mittwoch, 20. März 2013
DQ & SP Detailkritik (5)
Lesen Sie heute, was Jens Jürgen Korff zum vierten Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!
Zum 4. Kapitel: Ursache und Wirkung
110: Zufall ist
ein Ereignis, also eine Wirkung, deren Ursache wir nicht kennen. Gute
Definition!
112: Sancho kommt
auf die Eigenart der Menschen zu sprechen, an Vorbedingungen zu glauben, an
vorgegebene Schicksale und dergleichen. Hier zeigt sich doch meines Erachtens,
dass wir mit unserer Kausalkettenneurose
(so Sancho, Seite 129) dazu neigen, die Wirklichkeit verzerrt wahrzunehmen.
Wäre es nicht an der Zeit, dass Don Quijote als Philosoph einmal die Frage
aufwirft , ob nicht auch die Wissenschaft mit ihrer Fixierung auf Kausalketten
häufiger, als es sein müsste, den falschen Dampfer besteigt? Aber dazu müsste er
sich ein wenig mehr von seinem Diener emanzipieren.
112: Ein
Lektoratsproblem: In der Mitte der Seite fragt SP: Wir fragen: »Wie lässt sich der Zufall quantitativ erfassen?« Hinter
solchen Sätzen kommt kein Punkt. Der Satz ist mit dem Fragezeichen und der
Ausführung abgeschlossen. Der Vorsatz endet bereits mit dem Doppelpunkt.
113: Über die
Frage »Determinismus oder Zufall in der Welt« und darüber, wie unser Gehirn
damit umgeht, hätte ich auch an dieser Stelle gerne noch etwas mehr gelesen.
Die amerikanische Studie zum Risikopotenzial von Hochrisiko-Systemen steht in einem gewissen
Widerspruch zu der Aussage Sanchos auf der Vorseite, ein bedeutsames Risiko, ob
Unfall oder Lottogewinn, werde in seiner Eintrittswahrscheinlichkeit meist
überschätzt. Das scheint zum Beispiel für Flugzeugabstürze zu gelten, weniger
aber für Autounfälle, deren Risiko in meiner bescheidenen persönlichen Stichprobe
eher gravierend unterschätzt wird. Bei Atomkraftwerken und Atomwaffen gehen die
Risikoeinschätzungen wiederum weit auseinander, je nachdem ob man Gegner oder
Befürworter dieser Techniken ist. Ein eindeutiger Bezug zur Bedeutung der
Gefahr scheint nicht zu bestehen. So wird zum Beispiel das Risiko, die eigene
Tochter könnte von einem unbekannten Sexualstraftäter auf der Straße entführt,
missbraucht und ermordet werden, oft gravierend überschätzt, während das Risiko,
dass das Mädchen überfahren werden oder gar bei einem Unfall mit dem eigenen
Auto der Eltern umkommen könnte, unterschätzt wird. Unterschätzt wird auch meist
die viel größere Gefahr, dass die Tochter von Familienmitgliedern, Übungsleitern,
sonstigen Vertrauenspersonen, Nachbarn oder gar vom Vater selbst, der gerade die
Risikoabwägung vornimmt, missbraucht werden könnte. Das verallgemeinerbare Prinzip
scheint zu sein, dass Gefahren, die von außen kommen und auf die man überhaupt
keinen Einfluss hat, eher überschätzt werden, während Gefahren, die von innen
kommen, aus Bereichen, auf die man eigentlich Einfluss hätte, eher unterschätzt
werden. So mag es dann auch kommen, dass Atomphysiker und Techniker die Risiken
ihrer eigenen Geräte unterschätzen, denn sie glauben, ihre Geräte, ihre eigene
Schöpfung, unter Kontrolle zu haben. Stattdessen fürchten sie sich lieber vor
muslimischen Terroristen.
114: Warum muss
Don Quijote in diesem Gespann eigentlich immer die Rolle des Dummkopfes
übernehmen? Sind Philosophen denn dumm?
Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
August 2012
August 2012
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