Autor

Populäre Sachbücher, Philosophie und Wissenschaft "für jedermann"

Donnerstag, 27. Juni 2019

KI und der "Hurrikan von Widersprüchen"


Ian McEwan schreibt in seinem Roman „Maschinen wie ich“ über einen der ersten Androiden, menschenähnlichen Robotern mit „künstlicher Intelligenz“:

"Wir erschaffen Maschinen mit Intelligenz und Bewusstsein und stoßen sie hinaus in unsere unvollkommene Welt. Sie sind nach rationalen Grundsätzen geschaffen, anderen Menschen gegenüber positiv eingestellt, und nun wird ihr Verstand von einem Hurrikan von Widersprüchen erfasst. Wir selbst haben damit zu leben gelernt, und die Liste ödet uns an: Millionen sterben an Krankheiten, die wir heilen können. Millionen leben in Armut, obwohl es genug für alle gibt. Wir zerstören unsere Biosphäre, obwohl wir wissen, dass sie unsere einzige Heimat ist. Wir bedrohen uns gegenseitig mit Atomwaffen, auch wenn wir wissen, wohin das führen kann. Wir lieben Lebendiges, lassen aber massenhaftes Artensterben zu. Und dann der ganze Rest – Genozid, Folter, Versklavung, häus‌liche Gewalt bis hin zum Mord, Kindesmissbrauch, Schießereien in Schulen, Vergewaltigungen, tagtäg‌lich eine schier endlose Zahl skandalöser Greueltaten. Wir leben mit all diesen Grausamkeiten und sind nicht mal erstaunt, wenn wir trotzdem unser Glück, sogar die Liebe finden. Künst‌liche Intelligenzen sind da weniger gut geschützt."

Sonntag, 16. Juni 2019

Amazon verkauft auch Bücher


BBC NEWS berichtet über "Amazon's next big thing"

"Ich sehe Amazon als ein Technologieunternehmen, das gerade erst im Einzelhandel tätig war", beginnt Werner Vogels, Chief Technology Officer von Amazon.
Nur "sterbliche Menschen", sagt er mir in einem Interview, sahen Amazon jemals als reinen Einzelhändler. Die Frage ist also jetzt: Was wird Amazon als nächstes tun? Und sind bloße Sterbliche bereit dafür?
Die jüngste Re:Mars-Veranstaltung in Las Vegas zeigte deutlich - durch Präsentationen über Maschinenlernen, Robotik und Raumfahrt -, dass sich das Unternehmen in einer Übergangsphase befindet, die bei Erfolg seine Beziehung zur Öffentlichkeit neu definieren wird.
Die unglaublichen, hochentwickelten Systeme von Amazon werden nicht mehr nur für gute Geschäfte, schnelle Lieferzeiten oder billigen Webspeicher verwendet. Seine großen Datenkapazitäten sind heute das Werkzeug der Polizei und vielleicht bald auch des Militärs. In der Unternehmenswelt positioniert sich Amazon als das "Gehirn" hinter fast allem.
"Es gibt nur eine Reihe von Problemen, für die man neue Algorithmen entwickeln muss", sagt Herr Vogels und schlägt für alles andere vor, dass Unternehmen Amazon einfach nutzen sollten.
"Der Einsatz von Maschinenlernen wird stark explodieren, wenn es jeder kann."
Unter den Tools, die Amazon anbietet, ist das Bilderkennungsprodukt von Amazon das umstrittenste. Gegen eine Minutengebühr von wenigen Pence kann Amazon Rekognition Videomaterial scannen und z.B. die Gesichter von Personen erfassen, die dann in der Datenbank eines Kunden überprüft werden können.
Bürgerrechtsgruppen haben sie als "vielleicht die gefährlichste Überwachungstechnologie aller Zeiten" bezeichnet und Amazon aufgefordert, den Verkauf an Regierungsbehörden, insbesondere Polizeikräfte, einzustellen. Stadtaufseher in San Francisco haben die Verwendung verboten und sagten, dass die Software nicht nur aufdringlich, sondern auch voreingenommen ist - sie ist besser in der Erkennung von Weißen als von Schwarzen und Asiaten.
Herr Vogels glaubt nicht, dass es in der Verantwortung von Amazon liegt, dafür zu sorgen, dass Rekognition korrekt oder in ethischer Weise eingesetzt wird.
"Das ist nicht meine Entscheidung", sagt er mir.
"Diese Technologie wird an vielen Stellen für immer genutzt. Es liegt in der Verantwortung der Gesellschaft, tatsächlich zu entscheiden, welche Technologie unter welchen Bedingungen einsetzbar ist."
"Es ist ein gesellschaftlicher Diskurs und eine Entscheidung - und Politikgestaltung -, die passieren muss, um zu entscheiden, wo man Technologien anwenden kann."
Er vergleicht ML (Maschinenlernen) und KI mit Stahlwerken. Manchmal wird Stahl verwendet, um Inkubatoren für Babys herzustellen, sagt er, aber manchmal wird Stahl verwendet, um Waffen herzustellen.

Das alte Märchen von der ethischen Neutralität von Technik. Mein Buch "Digital" nimmt auch dieses Argument auseinander.

Die eBook-Version des Titels ist in Kürze verfügbar. Erscheinungstermin: 12. August 2019


Samstag, 15. Juni 2019

Wenn (man) frau "Mutale Nkonde" heißt ...

... hat man es schon schwer, eine Wohnung zu bekommen.


Erst recht mit diesem Passbild:
Doch nicht nur Menschen haben rassistische Vorurteile, sondern auch Algorithmen. Die Forscherin Mutale Nkonde, derzeit Fellow am New Yorker Forschungsinstitut Data & Society, kämpft mit ihrem Projekt "Racial Literacy in Tech" zusammen mit anderen Wissenschaftlern gegen Rassismus, der durch Algorithmen und andere Technologien verstärkt wird. Das berichtet SPIEGEL online.

"Gesichtserkennungsalgorithmen sind darauf trainiert, weiße Gesichter zu erkennen, Flughafen-Scanner verstehen schwarze Frisuren nicht, Kreditwürdigkeits-Scores sind mit rassistisch getrennten Nachbarschaften korreliert und Daten für das Predictive Policing (vorausschauende Polizeiarbeit) werden von rassistischen Vorurteilen geplagt", heißt es in ihrem es in ihrem Forschungsbericht "Advancing Racial Literacy in Tech".

Wird KI auf diese Weise "menschlich"?

San Francisco, nebenbei, will Gesichtserkennung im öffentlichen Raum verbieten. Viele Städte in den USA wollen folgen.

Sonntag, 9. Juni 2019

Die Klimakrise ist unser dritter Weltkrieg

Die Befürworter des Green New Deal sagen, dass die Bewältigung der Klimakrise sehr dringlich ist und heben das Ausmaß und den Umfang dessen hervor, was zu ihrer Bekämpfung erforderlich ist. Sie haben Recht. Sie verwenden den Begriff "New Deal", um die massive Reaktion von Franklin Delano Roosevelt und der Regierung der Vereinigten Staaten auf die Weltwirtschaftskrise hervorzurufen. Eine noch bessere Analogie wäre die Mobilisierung des Landes zur Bekämpfung des Zweiten Weltkriegs.

Kritiker fragen: "Können wir es uns leisten?" und beklagen, dass Green New Deal-Befürworter den Kampf um die Erhaltung des Planeten, dem alle vernünftigen Menschen zustimmen sollten, mit einer umstritteneren Agenda für die gesellschaftliche Transformation verwechseln. Auf beiden Seiten liegen die Kritiker falsch.

Ja, wir können es uns leisten, mit der richtigen Steuerpolitik und dem richtigen kollektiven Willen. Aber noch wichtiger ist, dass wir es uns leisten müssen. Die Klimakrise ist unser dritter Weltkrieg. Unser Leben und unsere Zivilisation, wie wir sie kennen, stehen auf dem Spiel, so wie sie es im Zweiten Weltkrieg waren.

Als die USA im Zweiten Weltkrieg angegriffen wurden, fragte niemand: "Können wir es uns leisten, den Krieg zu führen?" Es war eine existentielle Angelegenheit. Wir konnten es uns nicht leisten, sie nicht zu bekämpfen. Das Gleiche gilt für die Klimakrise. Hier erleben wir bereits die direkten Kosten der Ignoranz - in den letzten Jahren hat das Land fast 2% des BIP durch wetterbedingte Katastrophen verloren, zu denen Überschwemmungen, Hurrikane und Waldbrände gehören. Die Kosten für unsere Gesundheit durch klimabedingte Krankheiten werden gerade erst in die Tabelle aufgenommen, aber auch sie werden in die Zehnmilliarden gehen - ganz zu schweigen von der Zahl der bisher verlorenen Menschenleben. Wir werden für den Klimaschock auf die eine oder andere Weise bezahlen, also ist es sinnvoll, jetzt Geld auszugeben, um die Emissionen zu reduzieren, anstatt bis später zu warten, um viel mehr für die Folgen zu bezahlen - nicht nur vom Wetter, sondern auch vom steigenden Meeresspiegel. Es ist ein Klischee, aber es ist wahr: Ein Gramm Prävention ist ein Pfund Heilung wert.

Lesen Sie weiter im Originaltext in The Guardian.

Wie Digitalisierung das Klima belastet


Hinter scheinbar virtuellen Produkten und Dienstleistungen stecken aufwendige Infrastrukturen. Gegen den allgemeinen Trend nimmt der Energieverbrauch durch digitale Technologien deshalb immer weiter zu.

Sie verzichten auf Flugreisen, weil Sie etwas für das Klima tun wollen? Hören Sie lieber auf, sich ständig Videos auf YouTube anzuschauen.

Diese Empfehlung ist in mehrerlei Hinsicht nicht ganz korrekt, hat aber einen wahren Kern: Laut einer neuen Studie des französischen Think-Tanks The Shift Project ist der Digitalsektor für einen rapide wachsenden Anteil der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich. Und anders als in der Wirtschaft insgesamt, deren Energieintensität im weltweiten Durchschnitt abnimmt, erhöht sie sich bei Information und Kommunikation (IuK) weiter deutlich.


Mittwoch, 5. Juni 2019

Leckerbissen aus "Digital" (3)


In Digital - Wie Computer denkenfinden Sie im Kapitel "Datenmodellierung" folgende Kostprobe:

Was wir als Attribut, als Eigenschaft einer Person ansehen – Schönheit, Charme,  Klugheit,  Vertrauenswürdigkeit    muss,  wenn  wir  es  im  Computer  speichern  wollen,  quantifiziert werden,  zum  Beispiel  auf  einer  Skala von  1  bis  10. Vielleicht  aber  auch  nur  mit  1  oder  0    „vorhanden“  oder „nicht vorhanden“. Digitalisiert im wahrsten Sinn des Wortes, in eine Zahl verwandelt.  Es  sind  nicht  „echte“  Eigenschaften,  die  die  IT-Leute interessieren,  sondern  ihre  „Datenschatten“.  Schönheit  wird  digitalisiert:  Kim Jong-un  bekommt  den  Wert  3,  Marylin  Monroe  9.  Oder  auch  nur  ein Bit,  0=„unschön“  und  1=„schön“.  Die  Schufa  stuft  Ihre  Kreditwürdigkeit auf miese 85,78 % ein, aber Ihr Freund hält Sie für 100 % verlässlich und  würde  Ihnen  bedenkenlos  größere  Summen  leihen.  So  können  Algorithmen (aber auch menschliche Fehler bei der Eingabe) die im Computer abgebildete Wirklichkeit verändern. Und die Bilder der Eigenschaften, die sich in den Köpfen der Menschen unterschiedlich gebildet haben, sind zu reinen Zahlen verdorrt.

 




Sonntag, 2. Juni 2019

Samstag, 1. Juni 2019

Leckerbissen aus "Digital"

Digital- Wie Computer denkenenthält nicht nur Technisches. Auch kleine Leckerbissen gehören dazu:

(auch der Beitrag vom 30. Mai war ja zur Auflockerung gedacht)