Lesen Sie heute, was Jens Jürgen Korff zum dritten Kapitel des „Don Quijote & Sancho Pansa“ im Einzelnen zu sagen hat!
JJK's Kommentare:
Zum 3. Kapitel: Die Dinge und ihre Ordnung
88: Sancho
erinnert sich plötzlich, dass Verhaltensforschung und Psychologie auch
Wissenschaften sind! Hört hört!
89: Schön, dass
Sancho hier einmal auf die Existenz von Geistes- und Gesellschaftswissenschaften
zu sprechen kommt! Die Einteilung in Gesetzes-
und Ereigniswissenschaften ist interessant, zerlegt aber einzelne
Wissenschaften wie Biologie und Soziologie. Die Physiologie zum Beispiel
beschäftigt sich mit physikalischen und chemischen Gesetzen in Lebewesen, wäre
also eine Gesetzeswissenschaft; Morphologie, Systematik und Evolutionsbiologie
sind dagegen Ereigniswissenschaften. Ähnlich werden auch Soziologie und
Pädagogik zerlegt, denn Teile dieser Wissenschaften versuchen durchaus,
reproduzierbare Gesetze für ermitteln.
90: Wenn ich
meine einzige Katze »Katze« rufe, ist das doch kein Kategorienfehler. Diese Anrede bezieht sich auf eine Rolle, die das
Wesen für mich spielt. Diese Rolle wird nur von einer einzigen Katze erfüllt;
deshalb kann ich sie auch »Katze« nennen. Genauso wie man seine Mutter »Mutter«
oder »Mami« ruft.
91: Das Beispiel
mit Äpfel und Birnen bzw. Äpfel und Boskoop ist überzeugend. Das mit den Beamten
weniger.
Zurecht nennt DQ Formulierungen wie »die Farbe der Liebe«
und »der Preis des Vertrauens« poetisch. Viele sind künstlerisch, dienen also
dazu, subjektive Eindrücke zu schildern, Erzählungen lebendiger zu gestalten,
Empathie herzustellen und die Leser auf neue Gedanken zu bringen. Es wäre Unfug,
sie als Kategorienfehler in ein schlechtes Licht zu rücken. Schiller
formulierte mit der Zeile »Die Liebe ist der Liebe Preis« eine wichtige
Erkenntnis von Menschen. Es sind Sätze, die ganze Gedankengänge in wenigen
Worten zusammenfassen, verdichten. Dichtung eben.
92: Im Dualismus
von Leib und Seele bei Descartes kann ich zunächst keinen Kategorienfehler
erkennen. Man musste ja überhaupt erst darauf kommen, dass man über Leib und
Seele, Materie und Geist, getrennt nachdenken muss. Das ist ja nach wie vor
richtig, auch wenn man später feststellt wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
Wenn man sagt »Das Gehirn denkt nach«, dann muss das kein
Kategorienfehler sein, es kann auch eine rhetorische Figur sein, ein Pars pro toto. Man benutzt so etwas zum
Beispiel, um einen Zusammenhang anschaulich zu erklären. Wittgensteins
Sprachrigorismus würde die meisten Texte unlesbar machen.
97: Das berühmte
Problem mit dem schwarzen Schwan
scheint mir eher in die Irre zu führen – oder aufzuzeigen, dass Poppers Falsifikationsprinzip
nicht überall anwendbar ist. Denn die wissenschaftlich begründete Beobachtung, dass
Schwäne in der Regel weiß sind, wird durch einen schwarzen Schwan keineswegs
zum Einsturz gebracht. Es ist ja auch kein Naturgesetz, dass Schwäne weiß sind,
sondern es handelt sich um eine beschreibende Kategorisierung. Die Zoologie ist
also keine Gesetzeswissenschaft. Das Problem der Ausnahmen, die die Analyse dennoch
gültig sein lassen, kam auch bei Sanchos Automaten im Gedankenexperiment vor.
98: Das große
Programm des wissenschaftlichen Arbeitens,
das Sancho dort entwirft. stellt einen Idealzustand vor, den viele Einzelwissenschaften
längst nicht erreichen, auch wohl nie erreichen können. Ich kenne zum Beispiel
einen Entomologen (Insektenforscher), Michael von Tschirnhaus, persönlich, der
ist nach eigener Auskunft einer von weltweit vier oder fünf Experten für kleine
Fliegenarten. Wenn der in den Hohen Tauern, wo wir im Juli 2012 waren, eine bestimmte
Fliegenart nachweist, die bislang dort noch niemand entdeckt hatte, dann muss
diese einmalige Entdeckung unter Umständen jahrzehntelang als Nachweis dieser Fliegenart
in einer bestimmten Region, Höhenlage usw. reichen. Kein anderer der vier
Experten wird wohl jemals in die Hohen Tauern kommen und selber nach dieser
Fliegenart suchen. Selbst etwas so Naheliegendes und Einfaches wie der
Eisengehalt von Spinat, auf den wir in unserem Buch hinweisen, ist 40 Jahre
lang nicht nachgemessen worden, so dass sich ein Rechenfehler 40 Jahre lang in
der Literatur halten konnte.
99: Klasse und
Kategorie scheinen mir etwas anderes sein als Haufen. Klasse als biologisches Taxon bezeichnet alle Lebewesen,
die ganz bestimmte Eigenschaften gemeinsam haben – unabhängig davon, wo sich
diese Lebewesen gerade befinden. Wenn das ein Haufen sein soll, dann existiert
er jedenfalls nur in den Köpfen von Wissenschaftlern.
100: Ein Biotop ist eigentlich nicht ein System
aus mehreren Ameisenhaufen, sondern ein System, das aus dem Ameisenhaufen und
seiner Umgebung besteht, also dem Lebensraum der Ameisen. Dazu gehören zum
Beispiel mehrere Fichten und andere Pflanzen. Wie Sancho dann auch sagt: Die
Bestandteile eines Biotops ähneln einander nicht.
101: Mir scheint
schon, dass es viele fast reine Haufen gibt. Jeder Stein ist doch ein zufällig
zusammengepresster Haufen von Mineralien und Kristallen, die sich kaum oder gar
nicht gegenseitig beeinflussen.
Fortsetzung folgt.
Jens Jürgen Korff
August 2012
August 2012
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